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Sperr-Riemen und Nasenriemen - die eingeschränkte Maulfreiheit

Auswirkungen zu fest verschnallter Nasenriemen auch bei Kappzaum und gebisslosem Zaum

Autorin: Anke Wiedenroth

Die Diskussion um Sperrriemen bleibt aktuell. Zu Recht! Nur scheint dabei unterzugehen, dass der zu fest zugezogene Sperrriemen allein nicht das Problem ist: Schon vor einigen Jahren untersuchten Kathrin Kienapfel und Holger Preuschoft die Verschnallung von Sperrriemen und Nasenriemen. Ergebnis: es ist unerheblich, ob der Sperrriemen oder der Nasenriemen fest angezogen ist.

Massgebend ist der enger verschnallte Riemen.

Das bedeutet im Umkehrschluss: Ist der Sperrriemen korrekt verschnallt (oder besser: nicht vorhanden), muss der Nasenriemen so locker liegen, dass das Pferd kauen kann. Ergo gilt die 2 Finger-Regel auch für gebisslose Zäume und Kappzäume.

Das führt zu folgenden Überlegungen, denen wir in den nächsten Wochen jeweils einen Artikel widmen:

  1. Welche Auswirkungen hat es, wenn das Pferd nicht kauen kann? Ist das auch am gebisslosen Zaum und am Kappzaum problematisch?
  2. Der „zugesperrtes Maul“-Selbstversuch (auch zum Nachturnen): Irre!
  3. Wie locker muss der Nasenriemen verschnallt sein, um dem Pferd keinen Schaden zuzufügen? Gibt es standardisierte Kontrollmethoden? Legt man die Finger übereinander, oder nebeneinander? Wo wird gemessen?
  4. Was man dem Pferd Gutes tun kann, nachdem man feststellte, dass der Nasenriemen zu eng verschnallt war.
  5. Der korrekt verschnallte Zaum rutscht! Was tun?

Teil 1: Welche Auswirkungen hat es, wenn das Pferd nicht kauen kann?

Kappzaum von Dauberg&Roth

Ist das auch am gebisslosen Zaum und am Kappzaum problematisch?

Schon die alten Reitmeister wussten: Das Pferd muss kauen können! Auch wenn die anatomischen Zusammenhänge damals nicht so klar gewesen sein mögen, spüren gute Reiter das Problem natürlich:

Ein Pferd, das sich im Kiefergelenk festhält, oder festgehalten wird, wie es bei zu fest angezogenen Nasenriemen der Fall ist, kann nicht locker im Genick sein. Ohne lockeres Genick kein lockerer Rücken – dafür sorgen die Muskelketten. Dies ist keine neue Erkenntnis. Von der HdV 12 bis zu den FN-Richtlinien und Reitweisen-übergreifend: hier gibt es keine zwei Meinungen.

Nur ist scheinbar die wirkliche Bedeutung dieser Worte und auch deren Umsetzung etwas Anderes.

Losgelassenheit - auch am Kappzaum auf die richtige Verschnallung achten

Magengeschwüre

Um es mit den Worten von Herrn Dr. Heuschmann zu sagen: „Jedweder Widerstand am Genick macht den Zugang zum Rumpf unmöglich!“

Takt und Losgelassenheit sind die Grundpfeiler in der Skala der Ausbildung. Egal ob Kappzaum oder Reitzaum zu eng verschnallt sind: Losgelassenheit ist nicht (oder nicht lange) möglich, wenn das Pferd nicht kauen kann. Sowohl unter dem Reiter, als auch an der Longe: immer werden die Pferde unter ihren Möglichkeiten laufen und immer wird es körperliche und seelische Probleme nach sich ziehen. Diese mögen nicht augenscheinlich sein. Aber sie sind da.

Auch am Kappzaum kann die Psyche leiden

Abgesehen von den körperlichen Konsequenzen (siehe Kasten rechts): Wie steht es um die Psyche?

Pferde wollen uns gefallen. Entweder, weil sie eine gute Beziehung zu uns haben. Manche auch, weil das Ausführen des Geforderten der Weg mit den wenigsten negativen Konsequenzen ist. Das Pferd mit zu fest zugebundenem Maul möchte tun, was wir uns wünschen, wird aber an der losgelassenen Ausführung dessen gehindert. Für Pferde ist das frustrierend.

Natürlich kann man fast alle Pferde über ihren Widerstand oder gar Schmerz in die gewünschte Bewegung oder Form bringen. Doch das wird kein Leser dieser Zeilen wirklich wollen. Pferde sind aber so anfällig für Tendenzen zur „erlernten Hilflosigkeit“, dass das Anpassen an unangenehme oder schmerzende Umstände manchmal auch schleichend passiert. Man denke nur an Pferde, die trotz drückendem Sattel noch versuchen, das Beste aus sich heraus zu holen. Das passiert auch mit zu stramm gezogenen Riemen bei Kappzaum, gebisslosem Zaum oder Trense.


Mögliche Folgen zu eng geschnallter Nasen- und Sperrriemen

  • Schluckbeschwerden (Pferde speicheln sehr stark), das vermehrte Speichelvolumen im Maul führt wiederum zu vermehrtem Stress
  • Reizung von Nerven (je nach Lage des zu eng geschnallten Riemens). Dies kann zu massiven Schmerzen führen, insbesondere zur gefürchteten Trigeminus-Neuralgie.
  • Verwerfen, Kopfnicken/-schütteln bis hin zum Headshaking
  • Blockieren von Meridianen mit vielschichtigen Folgen
  • Verletzungen im Maul, wenn die Schleimhäute an die Zähne gepresst werden
  • Schmerzen im Maul, insbesondere bei jungen Pferden, die sich zum Beispiel gerade im Zahnwechsel befinden.
  • Zähne knirschen, blaue Zunge. Pullen gegen das Gebiss. Zügel aus der Hand ziehen.
  • Festgehaltenes Genick durch festgehaltene Kiefergelenke: führt zu wiederkehrenden Blockaden an den Halswirbeln und als Kompensation in Folge zu weiteren Blockaden.
  • Festgehaltener Rücken, Pferd wird schwer zu sitzen, erschwerte Lastaufnahme mit allen Konsequenzen und Auswirkungen auf den gesamten Körper. Viele Pferde rennen oder laufen verhalten mit wenig Untertritt.
  • Je nach Körperbau, Temparament und Reitweise Folgeschäden an verschiedenen Strukturen möglich

Fazit

Kappzaum von Dauber&Roth

Achte darauf, Dein Pferd nicht mit einem zu engen Nasenriemen zu blockieren. Es muss jedem Pferdemenschen deutlich werden, wie wichtig die Maulfreiheit des gezäumten Pferdes ist!

Es kann kein Spezialfutter für bessere Muskulatur, keine Medikament gegen Magengeschwüre und keine osteopathische Behandlung auf Dauer greifen, wenn das Pferd gezäumt kaum kauen kann! Pferde MÜSSEN die Maulfreiheit bekommen, die ihnen zusteht!

Zum Weiterlesen eine sehr interessante Studie, die hier von ProPferd.at kurz auf deutsch zusammengefasst wurde.

Und hier geht es zu Teil 2 und 3:

Der Nasenriemen/Sperrriemen-Selbstversuch

Ist die 2-Finger-Regel noch zeitgemäss?

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