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Pferdecoaching: Deine Verantwortung als Coach für Pferde

In diesem Artikel findest du wertvolle Hinweise, die du zum Wohle deines Pferdes bei einem Einsatz in pferdegestützten Trainings und Coachings unbedingt beachten solltest.

Sydney ist im Einsatz als Coach. Er ist ein sehr feinfühliges Pferd und registriert einfach alles. Er betreut eine Gruppe von 5 Personen. Männer und Frauen gemischt. Die erste Teilnehmerin beginnt den Parcours. Alles läuft wie am Schnürchen, dennoch ist Sydney unruhig. Der nächste Teilnehmer ist an der Reihe, Sydney scharrt, schielt zum Ausgang. Und wieder ein anderer Mensch, der neben Sydney durch den Parcours geht. Der Teilnehmer schafft es kaum, Sydney bei sich zu behalten. Zurück in der Gruppe wird Sydney zusehends unruhiger, aufmüpfiger und es ist nun eindeutig: er will zur Tür, weg, raus.

Szenenwechsel. Holigane unsere Leitstute steht in sich ruhend in der Halle. Zwei Menschen streicheln sanft ihr Fell und nehmen die Herzenskraft von Holigane in sich auf. In sich versunken beginnt ein Herr, Holigane zu umarmen. Da plötzlich schreckt die Pferdedame auf, reisst den Kopf hoch und ihre Augen sind hellwach, die Ohren in Alarmbereitschaft. Was war geschehen?

Ähnliche Szenen erleben wir oft im Rahmen von pferdegestützten Trainings und Coachings. Es stellen sich dann natürlich die üblichen Fragen: Welche Energien hat das Pferd wahrgenommen? Was hat sich im Umfeld verändert und zu den Reaktionen des Pferdes geführt? Wie ist die emotionale Stimmung bei den Teilnehmenden? Und so weiter – diesen Fragenkatalog könnte ich beliebig verlängern und er dient dazu, für die Teilnehmenden wichtige Erkenntnisse herauszuarbeiten.

Zu beachten ist jedoch zusätzlich, dass wir als verantwortliche Trainer immer auch das Wohl des Pferdes im Auge haben und uns im Stillen zusätzliche Fragen stellen.

Zum Wohle des Pferdes

Wir dürfen nie vergessen, dass Pferde viel mehr wahrnehmen als wir. Die Pferde werden aufgrund ihrer hochsensiblen Sinne regelrecht von Informationen überflutet. Als Fluchttier werden sie dabei unzählige Male in den Fluchtmodus versetzt. Dieser wird, weil sie sich den Umgang mit Menschen gewohnt sind, zwar in Schach gehalten, was aber nicht heisst, dass die Informationen nicht verarbeitet werden müssen. Stell dir vor, du würdest sämtliche emotionalen Berg und Talfahrten deiner Mitmenschen mitfühlen, sämtliche Gedanken lesen können und würdest per Knopfdruck sämtliche Inkonsistenzen in der Kommunikation feststellen. Ich behaupte, keiner von uns würde dieser Informationsflut Stand halten. Erinnere dich an den Film: Was Frauen wollen, der arme Mel Gibson in der Rolle des Nick Marshall dreht ja fast durch.

Hast du dir schon mal Gedanken darüber gemacht, wie die Pferde all diesen Input verarbeiten? Wie sie damit umgehen und wie du sie dabei unterstützen kannst?

5 Grundsätze, die du zum Wohle deiner Pferde stets beachten solltest

  1. Bereite deine Pferde auf den Einsatz im Coaching oder Training vor. Erzähl ihnen, was ansteht. Bau ein kleines Ritual auf, welches dich und deine Pferde gemeinsam auf die bevorstehende Arbeit einstimmt. Das kann Kommunikation, Energiearbeit, ein besonderer Putzakt oder einfach SEIN sein.
  2. Achte darauf, welches Pferd du für welche Übung und welche Themen einsetzt, denn nicht jedes Pferd erträgt z.B. versteckte Aggression oder Nähe gleich gut. Denk immer daran, dass die Pferde ihre eigene Geschichte mitbringen.
  3. Beachte die Tagesform des Pferdes. Pferde sind lebendige Wesen mit eigenen Gefühlen und Stimmungen. Nicht immer sind sie in der richtigen Verfassung, um als Coach mitzuarbeiten. Fühl dich daher gut in sie ein und verzichte auf einen Einsatz, wenn du spürst, dass es nicht passt. Das Pferd wird dir dies auch zeigen, z.B. indem es nicht von der Weide geholt werden will. Es gilt, diese Verweigerung zu respektieren. Spannend ist in diesem Fall die Frage, ob dir das Pferd bereits bei der Vorbereitung zum Coaching eine Botschaft vermittelt. Z.B. Bist du in der richtigen Verfassung?
  4. Bei jeder heftigen oder aussergewöhnlichen Reaktion der Pferde wie zum Beispiel eingangs erwähnt, ist es wichtig, dass du dir ganz im Stillen Fragen zum Wohlbefinden des Pferdes stellst. Dies könnte sein: Ist der Druck für das Pferd zu gross? Hat das Pferd Schmerzen, Hunger oder Durst? Ist die Dauer der Übungssequenz zu lang? Braucht das Pferd Bewegung und Abstand? Hat sich etwas ereignet, was das Pferd aufwühlt oder belastet? Bedenke, dass die Wahrnehmung der Pferde über weite Strecken funktioniert, das heisst auch über die Grenzen deines Übungsfeldes hinaus. Auch diese Liste von Fragen lässt sich beliebig ergänzen. Denk immer daran, dass du die Verantwortung für das Wohl des Pferdes hast.
  5. Schliess die Arbeitssequenz des Pferdes ganz bewusst ab. Finde auch hier dein eigenes Ritual. Bedanke dich für die Unterstützung, streich das Pferd ab, gib ihm eine Massage oder Ähnliches. Bei unseren Pferden haben sich drei Punkte ganz klar als Favoriten zur Entspannung herauskristallisiert: Ein Dank aus tiefer Herzensverbundenheit, energetische Reinigung und das Leben in der Herde. Die Pferde unterstützten einander sowohl während, wie auch nach der Arbeit mit dem Menschen. Die Zeit in der Herde ist daher extrem wichtig.

Leitfaden

Wie häufig darf ein Pferd in pferdegestützten Trainings und Coachings eingesetzt werden?

Nun stellt sich noch die Frage nach der Häufigkeit des Einsatzes von Pferden für Trainings und Coachings. Darüber scheiden sich die Geister. Viele Trainer denken nicht mal über diese Frage nach. Diesbezüglich habe ich schon die unterschiedlichsten Antworten erhalten: „Ach weisst du, die sind Menschen gewohnt, denen macht das nichts aus.“ „Du, meine Pferde gehen Concours, die nehmen das gelassen.“ „Kein Problem, im Dressurtraining müssen die viel mehr leisten.“

Ich sehe das doch etwas anders. Es ist ganz wichtig, dass wir als verantwortungsvolle Trainer die Pferde genau beobachten und spüren, wann es für sie zu viel wird. Die Pferde verarbeiten Situationen und emotionale Belastung nämlich sehr unterschiedlich. Deshalb beachten wir die folgenden Punkte:

  • Ein Pferd ist nicht einen ganzen Tag als Coach aktiv. Wenn sich dies ausnahmsweise nicht verhindern lässt, dann erhält es ausreichend Pausen, wenn möglich im freien Auslauf mit der Herde. Der Tagesablauf wird dann so gestaltet, dass das Pferd auch immer wieder fressen und saufen kann, das versteht sich von selbst.
  • Mehr als zwei Tage hintereinander sind unsere Pferde nicht im Einsatz.
  • Pausen von einigen Tagen sind nötig.
  • Regelmässig ist bei uns das eine oder andere Pferd auch für längere Zeit im ‚Sabbatical‘.
  • Bedenke, pferdegestützte Arbeit ist auch Arbeit für die Pferde und diese sollen auf keinen Fall 5 Tage die Woche in vollem Einsatz stehen. Auch wenn sie den Job mit viel Freude und in wunderbarer Qualität tun.

Wenn du mehr über die Arbeit als pferdegestützter Coach erfahren möchtest, dann lade hier den Leitfaden mit 21 Grundlagen herunter.

Leitfaden

 

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