Gründe, warum viele Pferde nicht entspannen | 4my.horse

Suche

  • Folge uns auf

Gründe, warum viele Pferde nicht entspannen

Durch Konsequenz zum entspannten Pferd

Ein Artikel für motivierte Pferdebesitzer

Autorin: Katja Selbach

  • Hast du schon einmal ein Pferd trainiert, welches nur schwer in die Phase der Losgelassenheit gekommen ist?
  • Denkst du dir manchmal im Training „Warum muss ich schon wieder von vorne anfangen?“
  • Wünscht du dir gelegentlich etwas völlig Neues mit deinem Pferd zu machen?

Warum das so ist und wie die Antwort aus Sicht der Pferde aussieht, erfährst du in diesem Artikel.

Pferde untereinander

Wenn wir eine Herde auf der Weide beobachten, stellen wir fest, dass sie untereinander extrem konsequent sind. Das hat einen völlig logisch zu erklärenden Grund. Die Herdestruktur von Pferden besteht aus so genannten soziopositiven Verbindung. Deutlich werden diese Verbindungen in den Verhaltensweisen, die ein Pferd einem anderen gegenüber zeigt.

Es ist zu erkennen, dass z.B. die einzelnen Pferde unterschiedliche Individualdistanzen gegenüber der anderen Herdenmitglieder aufweisen. Wird diese individuelle Distanz zu dem jeweiligen Pferd unterschritten, zeigt der Ranghöhere dies deutlich mit einem mehr oder weniger stark ausgeprägten Drohverhalten. Mit einem kurzen „Ohren anlegen“ wird dem Rangniedrigen klar, dass er sich besser wieder auf größere Distanz zu diesem Pferd begibt.

Bei diesen Verhaltensweisen machen die Herdenmitglieder keine Ausnahmen. Es ist jedem Pferd, in einer beständigen Herde, zu jeder Zeit klar, wie es sich den anderen Pferden gegenüber verhalten sollte. Hierzu gehört z.B. auch die Situation an der Heuraufe oder wann welches Pferd schläft. Die Konsequenz untereinander führt dazu, dass die Pferde sich gegenseitig sehr gut einschätzen können. Für ein Fluchttier bedeutet eine einschätzbare Situation, dass es sich entspannen kann. Es ist ihnen zu jeder Zeit klar, wie sich welches Pferd konsequent verhalten wird.

Schlafende Pferde in der Herde

Konsequenz im Pferdetraining

Für uns als Menschen bedeutet konsequent zu sein eine gedankliche Umstellung. Als Jäger und Sammler passen wir uns schneller neuen Situationen an und haben selten Panik vor den Baustämmen, welche im Wald frisch gestapelt wurden. Damit wir im Pferdetraining erfolgreich sein können, brauchen wir ein entspanntes Pferd. Nur entspannte Pferde können klar denken und lernen.

Die Entspannung von unserem Freund dem Fluchttier bekommen wir nur dann, wenn es die Situation einschätzen kann. Dafür müssen wir konsequent mit ihm umgehen. Wenn wir unserem Pferd etwas neues beibringen möchten geben wir ein Signal. Damit mein Pferd den Huf hebt, tippe ich sein Bein an. Hebt es sein Bein, höre ich auf es anzutippen und es darf sich wieder entspannen. An einer so simplen Übung zeigt sich, wie konsequent wir sind.

Hat mein Pferd noch nicht verstanden, dass es auf das Antippen hin sein Bein heben soll, wird es verschiedene Dinge versuchen das lästige Getippe loszuwerden. Macht es nun einen Schritt zu Seite und ich höre auf das Bein anzutippen, lobe ich das Pferd in dem Moment wo ich aufhöre ein Signal zu geben. Wenn ich nun also aufhöre zu tippen, um es z.B. wieder richtig hinzustellen weil es gezappelt hat, bringe ich ihm bei, auf Antippen einen Schritt zur Seite zu gehen. Das Pferd lernt konsequent das, wofür es eine Phase der Entspannung bekommt. Auch das liegt in der Natur eines Fluchttieres.

Damit es zu jeder Zeit flüchten kann, braucht es immer Energie und in einer einschätzbaren Situation wird es immer versuchen Energie zu sparen. Wenn das Pferd nun lernt, wofür es eine Pause bekommt, sollten wir konsequent die Signale geben, bis es einen kleinen Schritt in Richtung des gewünschten Verhaltens zeigt. Geht es nun auf Antippen des Beins einen Schritt zur Seite, laufe ich einfach mit und tippe das Bein weiterhin an, bis es den Huf einmal etwas mehr anhebt. Im Zweifelsfall ist es leichter, sich eine zweite Person zum Festhalten dazu zu holen, damit wir auf jeden Fall konsequent das Signal geben können. Umso häufiger wir im Pferdetraining konsequent sind, umso besser wird unser Pferd lernen.

Es wird zudem verstehen, dass es uns etwas anbieten muss, wenn wir konsequente Signale geben und auch konsequent loben. Konsequenz hat also gar nichts mit Strenge oder viel Druck zu tun. Im Gegenteil, durch Konsequenz können wir unser Signal geben und einfach auf das gewünschte Verhalten warten ohne den Druck/die Signalstärke zu erhöhen.

Das Pferd gibt gerne den Huf

Konsequenz in der Methodik

Jeder Pferdebesitzer, der sein Pferd trainiert, ist automatisch auch sein Trainer. Damit wir im Training für das Pferd einschätzbar sind, kommt es nicht nur darauf an, ein Signal konsequent zu geben und zum richtigen Zeitpunkt zu loben, sondern auch auf die Methodik, die wir einsetzen.

Durch die vielen verschiedenen Trainer und Trainingsmethoden sind wir immer öfter dazu verleitet, etwas völlig Neues auszuprobieren. Wenn wir uns das nun aus der Sicht des Pferdes ansehen, kann es sein, dass das Pferd uns von heute auf morgen nicht mehr versteht. Ein roter Faden im Pferdetraining ist sehr wichtig.

Es muss klar sein, was wir wollen, damit es auch das Pferd verstehen kann und sich entspannt. Mit jeder Herangehensweise wird es Phasen geben, in denen wir einen Schritt zurückgehen müssen oder wir sogar zweifeln, ob es das Richtige ist. Das liegt an dem natürlichen Vorgang des Lernens. Eine Lernkurve steigt nie linear nach oben an, sondern ist wellenförmig. Daher ist es absolut in Ordnung diesen Schritt gelegentlich im Training zurück zu gehen, um etwas Erlerntes erneut zu üben und zu festigen.

Wichtig für uns als Trainer und Reiter ist es, dadurch nicht die Konsequenz und Konstanz in unserem Training zu verlieren. Wenn es mal ein paar Wochen nicht rund läuft, dann wechsle nicht gleich den Trainer oder sogar die komplette Reitweise. Damit wird es dir im besten Fall zwar kurz mit dem Pferd besser gehen, aber die Problematik, dass etwas Erlerntes plötzlich „weg“ ist, wird immer wieder auftreten, da es absolut natürlich für das Lernverhalten ist.

Genauso wie wir als Kinder konsequent das kleine 1x1 lernen mussten und sich daran nie etwas geändert hat, hilft es wenn wir genauso konsequent auch unseren Pferden das Reitpferde 1x1 beibringen und dran bleiben.

Konsequenz in der Häufigkeit

Das Reiten ist für unsere Pferde eine unphysiologische Belastung, welche den ganzen Pferdekörper unnatürlich anstrengt. Diese Belastung fängt nicht erst bei der Rollkur an, sondern schon bei dem Gewicht auf dem Pferderücken.

Für uns Reiter bedeutet das, die Verantwortung dafür zu tragen, einen Schaden nicht entstehen zu lassen. Wie bei einem Leistungssportler benötigt ein Pferd eine Art Ausgleichssport in Form von guter Gymnastizierung. Auch wenn ein Pferd nur alle paar Wochen für einen Geländeritt aus der Herde geholt wird, ist die körperliche Belastung für das Pferd da. Durch unregelmäßiges Reiten findet beim Pferd kein Muskelaufbau statt und durch fehlende Gymnastizierung kann das Pferd einen gesunden Bewegungsablauf unter dem Reiter nicht erlernen.

Schon nach zehn Tagen ohne Training hat das Pferd deutlich an Muskulatur und Elastizität verloren. Wenn ich mich dazu entscheide ein Pferd zu halten und es nur als Rasenmäher oder zum Putzen zu besitzen, muss ich mir vorher auch darüber Gedanken machen.

Viele unserer heutigen Pferderassen wurden für den Sport gezüchtet und benötigen von ihrem Organismus her die sportliche Betätigung, um nicht krank zu werden. Das andauernde Fressen im Stehen belastet den Stoffwechsel und kann zu Erkrankungen führen. Bei den so genannten Robustpferderassen (Shetty, Norweger oder Haflinger) treten diese Erkrankungen häufig auf Grund unserer heutigen Umwelteinflüsse auf (z.B. viel zu fette Wiesen). Auch hier kann durch ein konsequentes und regelmäßiges Training entgegengewirkt werden. Im besten Fall prophylaktisch.

Meine Empfehlung

Damit du es schaffst, dein Pferd konsequent im Umgang, in der Methodik und in der Häufigkeit zu trainieren, empfehle ich dir einen Plan. Überlege dir zu Beginn jeder Woche, was du wann mit deinem Pferd machen wirst und wie du es trainieren möchtest. Am besten erstellst du dir oder mit einem Trainer zusammen einen Trainingsplan. Damit erhältst du den roten Faden in deinem Training und hast eine Kontrolle darüber, was ihr zusammen schon geschafft habt. Aber über all dem steht:

Egal was du machst, mache es konsequent.

Katja Selbach


Bild Huf: von Goran Horvat auf Pixabay

Inhalt teilen: