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Für kontinuierlichen Nachschub sorgen

von | Okt 19, 2022 | Fütterung

Pferde sollten über den Tag verteilt kleine Portionen aufnehmen können. Zu viel Kraftfutter, aber auch nicht dem Bedarf angepasstes oder staubiges Raufutter führen zu Problemen.

Für kontinuierlichen Nachschub sorgen

Pferde richtig füttern

Autor: Michael Götz für den Schweizer Tierschutz STS

Pferde sollten über den Tag verteilt kleine Portionen aufnehmen können. Zu viel Kraftfutter, aber auch nicht dem Bedarf angepasstes oder staubiges Raufutter führen zu Problemen.

Pferde ernähren sich vor allem von Raufutter, aber sie sind keine Wiederkäuer. Sie haben einen kleinen Magen, aber grosse Därme, insbesondere einen grossen Dickdarm, der für die Verdauung der Rohfaser essentiell ist. «Hier beginnt die bakterielle Verdauung», betont Conny Herholz, Tierärztin und Dozentin für Pferdewissenschaften an der Berner Fachhochschule HAFL, an einem Workshop des Schweizer Tierschutz STS.

Raufutter als Basis

Das Futter verweilt beim Pferd fast zwei Tage im Dickdarm und es braucht kontinuierlich Nachschub. Pferde sollten deswegen über den Tag verteilt, das heisst in Intervallen Futter aufnehmen können; die Fresspausen sollten nicht länger als drei bis fünf Stunden dauern.

Fütterungsspezialisten rechnen mit mindestens 1,5 kg Trockensubstanz (TS) Raufutter pro 100 kg Körpergewicht, das sind bei einem 600 kg schweren Pferd mindestens 9 kg TS entsprechend etwa 10 kg frisches Heu.

Es ist gut möglich, Pferde nur mit Heu zu füttern, wenn man Salz, Vitamine und Mineralstoffe zufüttert. Viele haben Angst, dass es bei einer Fütterung von Silage oder Heulage, siliertes älteres Gras, zu einer Übersäuerung des Dickdarmes kommt. Messungen zeigen, dass es keine Unterschiede im pH-Wert gibt, ob man Silage, Heulage oder Heu füttert, führt Herholz aus.

Anders sieht es bei übermässiger Getreidefütterung aus. Obwohl Pferde für die Aufnahme von Hafer etwa gleich oft kauen wie bei Heu, produzieren sie weniger Speichel, der zur Pufferung der Säure im Magen notwendig ist. Hafer sollte man bei schwerer körperlicher Arbeit einsetzen, maximal 1 kg pro 100 kg Körpergewicht und auf mehrere Rationen verteilen. Füttert man über längere Zeit viel Getreide mit ungünstigem Ca/P Verhältnis wie beim Hafer, dann kann dies zu Knochenschäden führen, da das Kalzium/Phosphor-Verhältnis gestört wird.

Ein wichtiger Faktor bei der Fütterung bildet auch der Wasserbedarf. Er variiert je nach Fütterung, Leistung und Umgebungstemperatur. Ein 600 kg schweres Pferd trinkt im Sommer auf der Weide etwa 35 bis 60 Liter Wasser. Am besten bietet man das Wasser an einem Brunnentrog an, wo genügend Wasser vorhanden ist.

Heunetz

Pferde sollten das Futter über den Tag verteilt aufnehmen. Ein Heunetz verhindert, dass sie zu viel auf einmal fressen. (Foto: M. Götz)

Pferde neigen leicht zu Magengeschwüren

Die Fütterung hat einen wesentlichen Einfluss auf die Entstehung von Magengeschwüren. Im Drüsenteil des Magens werden Salzsäure und das Enzym Pepsin zur Eiweissverdauung abgegeben. Die häufigsten Veränderungen der Magenschleimhaut beobachtet man im Bereich der drüsenlosen Schleimhaut, wenn dort direkt und andauernd aggressive, saure Magenflüssigkeit und Pepsin auf die Schleimhaut einwirken, erklärt die Pferdewissenschafterin.

Fressbox

Abruffütterung können die Ration über den Tag verteilen. (Foto: M. Götz)

Speichel kann diese beiden zum Teil neutralisieren, wenn er in genügendem Masse produziert wird. Für die Aufnahme von einem Kilo Heu benötigt das Pferd ca. 40 Minuten, dagegen für die gleiche Menge Kraftfutter nur 10 Minuten. Als Folge bildet das Pferd bei ersterem mehr als doppelt so viel Speichel.

Vereinfacht lässt sich sagen, dass die Fütterung hoher Kraftfutterrationen in Verbindung mit wenig Heu ein grosses Risiko für die Entstehung von Magengeschwüren darstellt. Das Kraftfutter sollte man immer erst nach der Heugabe füttern.

Weitere Risikofaktoren sind Stress, wie z.B. Transporte, Klinikaufenthalte und der Einsatz von sogenannten nichtsteroidalen Entzündungshemmern (NSAID’s). Auch Mutterstuten mit Fohlen bei Fuss und Pferde in besonders intensiven Training sind häufig von Magengeschwüren betroffen. «Geschwüre tun den Tieren wirklich weh», betont Herholz.

«Esel und Maultiere verfetten leicht»

Esel und Maultiere haben zwar einen ähnlichen Magen-Darmtrakt wie Pferde und Ponys, aber es gibt trotzdem grosse Unterschiede. Esel können schwerverdauliche, sehr faserreiches Futter besser verwerten. Sie benötigen nur 50-75 % des Energiebedarfes eines Ponys mit vergleichbarer Körpermasse. «Achtung, sie verfetten leicht», warnt Conny Herholz.

Auch benötigen sie weniger Eiweiss, weil sie Harnstoff effizienter rezyklieren als andere Equiden. Esel und Maultiere nehmen bei zu nährstoffreicher Fütterung an Gewicht zu und werden damit krankheitsanfälliger. Esel zeigten oft sehr spät, im fortgeschrittenen Krankheitsstadium, dass sie Schmerzen haben und neigten sogar dazu, das Fressen vorzutäuschen, wenn sie krank sind, stellt Herholz fest. Das macht es für den Halter schwierig, Krankheiten bei Eseln frühzeitig zu erkennen und rechtzeitig darauf zu reagieren.

Esel und Maultiere

Esel und Maultiere sollte man nicht unbeschränkt auf der grünen Wiese weiden lassen. Sie benötigen einen Trockenplatz, auf welchem sie Äste beknabbern können. (Foto: Eselmüller-Stiftung)

 

Aus den verschiedenen Posten des Workshops

Posten 1: Heuration richtig ergänzen

Andreas ScheurerEs ist gut möglich, Pferde nur mit Heu zu füttern, wenn sie keine grosse Leistung erbringen müssen. Man muss aber daran denken, es mit Kochsalz, das Natrium und Chlor enthält, sowie mit Mineralfutter zu ergänzen, insbesondere Kupfer, Zink und Selen und im Winter mit Vitamin A und Vitamin E, sagt Andreas Scheurer, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der HAFL.

Ein Mangel an Kochsalz kann Probleme mit dem Wasserhaushalt zur Folge haben. Er rät, täglich 20-30 g Kochsalz zum Heu zu geben sowie einen Salzleckstein anzubieten.

Hafer kann man dem Pferd sowohl ganz als auch in gequetschter Form anbieten. Das Pferd zermalmt die Körner und kann die Stärke gut im Dünndarm verdauen. Die Stärke anderer Getreidearten ist für Pferde schlecht verdaulich und muss mittels thermischer Behandlung, zum Beispiel mittels Flockieren, aufgeschlossen werden.

Andreas Scheurer mit Hafer in ganzer und gequetschter Form. (Foto: M. Götz)

 

Präferenzversuch

Dem Menschen fällt die sensorische Prüfung der Heuqualität schwerer als dem Pferd. (Foto: HAFL)

Posten 2: Wer hat welche Heupräferenzen?

Heu abwägen

Pferde und Pferdebesitzer haben verschiedene Präferenzen für Heuqualitäten, sagt Sonia Holzer, Projektleiterin des Fachkurses Equigarde an der HAFL.

Die Pferde bevorzugen eher das energie-, protein- & blätterreichste Heu. Die Besitzer hingegen «ticken» bei der Wahl des am besten geeigneten Heus nicht alle gleich. Holzer empfiehlt, Heu nicht nur sensorisch auf Grund von Farbe und Geruch zu beurteilen, sondern sie auch im Labor auf den Nährstoffgehalt analysieren zu lassen und verschiedene Heuqualitäten miteinander zu mischen. Die Heuqualität ist dabei dem Ernährungszustand (Body Condition Score BCS) und der Aktivität des Pferdes anzupassen.

Pferde bevorzugen energie-, protein- & blätterreiches Heu. (Foto:HAFL )

 

Posten 3: Ist mein Pferd zu dünn, zu dick oder genau richtig?

Eliane Bucher

Der Body Condition Score BCS ist ein Mass für die Beurteilung der Körperkondition. Er dient zur Beurteilung des Fettdepots und damit des Ernährungszustandes des Pferdes. „Fett ist wichtig“, sagt Eliane Bucher, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der HAFL, „aber ein Zuviel gefährdet die Gesundheit.“

Das den Zuckerhaushalt mitregulierende Hormon Adiponectin wird bei dicken oder im Fachjargon adipösen Pferden vermindert gebildet. Dies hat zur Folge, dass es zu einem chronischen Entzündungszustand im Körper kommen kann, was die gefürchtete Hufrehe begünstigt.

Ursachen einer Verfettung sind eine zu hohe Nährstoffaufnahme, zu wenig Bewegung und zu einem kleineren Anteil auch die genetische Veranlagung. Der Cresty Neck Score CNS ist ein Mass für die Fettdicke des Nackens. Beide, der BCS und der CNS werden anhand von typischen Ausdrucksformen anhand von Fotos geschätzt. Normal ist je nach verwendeter Skala ein Mass zwischen 4-6, das Optimum hängt von der Pferderasse ab.

Eliane Bucher beim Messen des Brustumfanges, aus dem sich Rückschlüsse auf das Gewicht des Tieres schliessen lassen. (Foto: M. Götz)

 

Posten 4: Raufutterhygiene und Lungengesundheit

Pferde besitzen eine ausgeprägt grosse Lunge, denn als Fluchttiere müssen sie in kurzer Zeit eine grosse Leistung erbringen. Es ist bekannt, dass etwa 50 % der Pferde in der Schweiz an einer chronischen Lungenerkrankung (Equines Asthma) leiden, wobei die Symptome häufig nicht offensichtlich sind.

„Husten ist nie normal“, weist Conny Herholz auf ein Symptom hin, das leicht vernachlässigt wird. Husten ist ein Zeichen, dass sich in den Luftröhren, den Bronchien, Schleim befindet, der den Sauerstoffaustausch zwischen Lungenbläschen und Blutbahn beeinträchtigt.

Heubedampfer

Im Heubedampfer werden Pilzsporen, Milben und Bakterien abgetötet. (Foto: M. Götz)

Ursachen für die Schleimbildung ist vor allem Staub, meistens vom Futter oder von der Einstreu. Herholz empfiehlt, Heu während 20 – 30 Minuten zu wässern, das heisst vollständig in Wasser einzutauchen oder einen Heubedampfer zu verwenden. Darin wird das Heu im Dampf auf etwa 100 °C erhitzt, so dass Pilzsporen, Milben und Bakterien abgetötet werden. „Für Allergiker ist es das A&O“, betont Herholz.

Wichtig ist, dass der Heudämpfer gut funktioniert. Wird das Heu nicht genügend erhitzt, dann verschlimmert man die Situation, denn die Keime vermehren sich dann.

Eine Möglichkeit, Staub im Futter zu vermeiden, ist das Angebot von Heupellets oder -briquets. Sie haben aber den Nachteil, dass sich die Pferde zu wenig lange mit dem Futter beschäftigen. Staub bleibt nicht nur während der Fütterung oder während des Einstreuens in der Luft, sondern es kann bis zu zwei oder drei Stunden dauern, bis sich die Partikel in der Luft auf empfohlene Höchstgrenzen gesenkt haben. .

Conny Herholz - Bedeutung der Lunge

Conny Herholz hebt die Bedeutung einer gesunden Lunge hervor. (Foto: M. Götz)

Staubmessgerät

Conny Herholz misst mit einem Staub-Messgerät (System SmartHorse, Firma MUUTU AG) die Feinstaub-Entwicklung verschieden behandelter Raufutter. Die Sonde befindet sich in einer mit dem Testfutter gefüllten, geschlossenen Plastikboxe. (Foto: M. Götz)


Der jährliche Equiden-Workshop

Der vom Schweizer Tierschutz STS jährlich durchgeführte Equiden Workshop fand dieses Jahr unter Leitung von Sandra Schaefler an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL in Zollikofen statt. Eingeladen waren die Mitglieder des STS Pferdelabels, die Teilnehmer der Kampagne PFERDE RAUS und weitere interessierte Equidenhalter.

Weitere Informationen zu den Tätigkeiten des STS im Bereich Equiden sind unter www.tierschutz.com/pferde und www.tierschutz.com/esel zu finden.


Autor:

Michael Götz (Dr. Ing. Agr.) | M. Götz Agrarjournalist GmbH, Säntisstr. 2a, CH-9034 Eggersriet, Tel.: 0041-71-877 22 29, email: info@agrarjournalist.ch, www.agrarjournalist.ch

 

 

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