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Energie aus dem Pferdefutter

Energie - Proteine - Fette in der Pferdefütterung

(Teil 1 von 3)

Da stolpere ich in der Eile über einen Gegenstand und gehe wie ein übermüdeter Waschbär höchst unelegant zu Boden! Froh darüber, nur mein Knie aufgeschürft zu haben, suche ich leicht humpelnd nach dem Verbandskasten. Da fällt mir ein, dass es doch ganz spannend zu wissen wäre, wie denn andere ihre Schürfwunden versorgen.

Deshalb frage ich Dr. Google, denn der hat immer eine Antwort parat. Ratschläge von „es ist zwingend, einen Arzt zu konsultieren“ bis zu „mischen von Honig und frisch geriebenen Meerrettich in einem bestimmten Verhältnis, um damit die Wunde zu bestreichen“ werden erteilt. Davon leicht irritiert desinfiziere und reinige ich am Ende meine Wunde, lasse sie trocknen und klebe in der Hoffnung, dass mich mein Bauchgefühl nicht im Stich gelassen hat, ein Pflaster darauf.

Nicht alles, was man auf Google findet, hilft wirklich

Genauso verhält sich im Grunde auch das Google-Phänomen in der Pferdefütterung. Vieles kann man nachlesen, am Ende weiss man aber oft doch nicht, was eigentlich richtig wäre und macht weiterhin das, was man schon kennt.

Um etwas Licht ins Dunkle zu bringen und dem einen oder anderen Pferdebesitzer ein kleines AHA! zu entlocken, starten wir nun in die Serie Energie - Proteine - Stärke.


Teil 1 - Energie

Hast Du Dich auch schon gefragt, was Energie eigentlich ist, woher sie kommt und wieviel ein Pferd davon benötigt?

Der Organismus ist auf eine stetige Energiezufuhr angewiesen

  • zur Erhaltung und Regulation der Körpertemperatur
  • zur Neubildung von Geweben
  • für die Funktion der Organe, damit zum Beispiel der Darm funktioniert (Denn wäre diese Funktion nicht möglich, wäre sprichwörtlich die Kacke am Dampfen.)
  • für die Bewegung

Alternative Energie

Der Körper erhält Energie über die Aufnahme von Kohlenhydraten aus der Nahrung oder über die bereits gespeicherte Energie aus der eigenen Körpersubstanz, die man Glykogen nennt. 

Glykogen kann in vielen Geweben synthetisiert und gespeichert werden, allerdings ist nur die Leber durch das Vorkommen eines bestimmten Enzyms in der Lage, die in ihrem Gewebe gespeicherten Kohlenhydrate zu mobilisieren und dem Körper wieder zur Blutzuckerregulation zur Verfügung zu stellen.

Kohlenhydrate – langkettige oder kurzkettige Zucker?

Kohlenhydrat ist ein Oberbegriff von verschiedenen Formen von Zucker und Stoffen, die während des Verdauungsprozesses oder der Photosynthese in Einfachzucker abgebaut werden.

Jeder Einfachzucker besteht aus einer Kette von Kohlenstoffatomen. Nur das Monosaccharid, also der Einfachzucker wie Trauben- und Fruchtzucker, dient dem Körper als Energiequelle.

Stellen wir uns vor, wir essen ein Vollkornbrot.

Karotten fürs Pferd

Dieses beinhaltet durch die pflanzlichen Inhaltsstoffe mehrheitlich Polysaccharide, was den meisten als Mehrfach- oder Vielfachzucker bekannt ist.

Um sich Polysaccharid nennen zu dürfen, müssen mindestens 10 Monosaccharide mit glykosidischen Verbindungen miteinander verknüpft sein. Also eine langkettige Zuckerart, welche in Einfachzucker zerlegt werden muss. Dies ist ein langsamer Prozess, weshalb nun unserem Körper eine stetige Energiezufuhr gewährleistet ist und wir lange satt sind.

Füttern wir unserem Pferd nun süsse Nahrungsmittel, also Monosaccharide aus Äpfeln, Karotten oder aus stark melassiertem Kraftfutter, passiert der Zucker innerhalb von 3 Stunden die Darmschranke.

Polysaccharide im Gegenzug stellen dem Körper erst nach etwa 6 Stunden Energie zur Verfügung.

Polysaccharide

Zu den Polysacchariden gehört nicht nur die bekannte Zellulose, die den meisten als Ballaststoffe bekannt ist, sondern auch die von vielen gefürchtete Stärke.

Unerwünschter Ballast?

Ballaststoffe wurden ursprünglich alle die vom Menschen unverdaulichen und unverwertbaren Nahrungsbestandteile genannt. Durch Fehlen der dafür zuständigen Enzyme zur Spaltung der speziellen glykosidischen Verbindung können dem Körper weder Energie noch Bausteine geliefert werden. Heute weiss man jedoch, dass auch diese Zellwände, das Pflanzengerüst, für unsere Verdauung und somit für die Gesundheit von grosser Bedeutung sind.

Wir Menschen können Zellulose nicht verdauen, Pferde und Wasservögel können im Dickdarm jedoch mit Hilfe anaerober Mikroorganismen, die die Cellulose in Fettsäuren umsetzen, als Energiequelle verwenden.

Stärke

Stärke ist das in der Natur häufigste Polysaccharid und ist aus vielen Monosacchariden zusammengesetzt und kommt in vielen Pflanzen wie in Kartoffeln und Getreide als Speicherstoff vor. Auch hier werden die Zuckerbindungen von verschiedenen Enzymen aufgespalten, um dem Organismus einzelne Glukosemoleküle zur Verwertung bereit zu stellen.

Ein wichtiges Enzym ist die bereits im Speichel vorhandene α-Amylase. Das Einspeicheln und die Verweildauer der Stärke im Maul sind für die Zerlegung der Stärke überaus wichtig. Folgt eine unzureichende Zerlegung, kann es zu Gärvorgängen der Stärke im Verdauungsapparat führen und Beschwerden wie Blähungen, Kotwasser bis zu Kolik verursachen.

Der Tipp für Dich

Fructose

Fructose ist wie wir zu Beginn bereits lesen konnten, ebenfalls ein Einfachzucker und steckt natürlicherweise hauptsächlich in Früchten sowie in Honig. Nach der Aufnahme von Fruchtzucker wird dieser im Dünndarm über spezifische Transporter in das Blut und die Zellen transportiert.

Transportiert?

Im Gegensatz zu Traubenzucker, der unter Energieverbrauch schnell und direkt in die Zelle gepumpt wird, benötigt Fruchtzucker sozusagen ein Taxi, das den Zutritt zu den Darmzellen und somit in den Blutkreislauf ermöglicht.

Da steh ich und warte auf ein Taxi

Setze Dich doch einmal gemütlich in ein Kaffee an einem Hauptknotenpunkt in einer Grossstadt während der Stosszeit. Nun beobachte, wie Menschen, die es eilig haben, ein Taxi versuchen zu ergattern. Doch wo es zu wenig Taxis hat, bleiben die Menschen stehen und werden nicht an das gewünschte Ziel gebracht. Es dauert nicht lange, da verwerfen sich die potentiellen Fahrgäste die Hände über dem Kopf und wandern zum nächsten Taxistand.

Fructose fliesst bei grösserer Anflutung ebenfalls weiter, aber nicht zum nächsten Taxistand, sondern in den Dickdarm, welcher nicht dazu gemacht ist, Zuckermoleküle zu verarbeiten.

Fructan - Inulin

Fructan ist das Speicherkohlenhydrat in verschiedenen Pflanzen wie beispielsweise im Gras, das die Stärke als Speicherform ersetzt oder ergänzt.

Fructan besteht aus einem Glucosemolekül an dem ein oder mehrere Fructosemoleküle gebunden sind. Weisen Fructane eine Kettenlänge von bis zu 10 Fructoseeinheiten auf, gehören zu den Fructo-Oligosacchariden. Bestehen sie aus bis zu 100 Fructoseeinheiten auf, handelt es sich um Inulin, welches wir in der Pflanze Topinambur finden.

Wie bei allen Polysacchariden wird ein Abbau zum Monosaccharid angestrebt. Durch das Unvermögen zur Fructoseaufnahme in den Blutkreislauf werden Unmengen Fruchtzucker im Dickdarm angeschwemmt.

Der Tipp für Dich

Auch die Darmbakterien möchten gefüttert werden

In der Gärkammer Dickdarm herrscht ein reges Getümmel von Bakterien, welche den Fruchtzucker zu kurzkettigen Fettsäuren fermentieren. 

Fructan im Gras

Wurde durch die zu kurzfristige Umstellung von Winterhaltung auf Sommerweide die zum Abbau benötigte Bakterienkultur im Dickdarm nicht herangezüchtet, entstehen zu viele Gase und der Zuckerüberschuss im Darm führt zu einer Laktatbildung.

Das nun ungünstig saure Darmmilieu wird zum Paradies für die grampositiven Streptokokken, welche Blähungen, Kotwasser oder sogar Fieber auslösen können.

Bei Pferden, die zu dick sind oder an Stoffwechselerkrankungen wie dem Equinen metabolischen Syndrom leiden, ist die Erhöhung der Insulinaktivität aufgrund des erhöhten Blutzuckerspiegels nicht ganz ungefährlich. Die Gefahr eine Hufrehe zu erleiden steigt massiv an.

Woher weiss ich, wieviel Energie mein Pferd benötigt?

Dies ergibt sich aus dem Arbeitseinsatz, Gesundheitszustand, Rasse und Alter des Pferdes. Ebenso ist das Stallmanagement zu berücksichtigen, das unter Umständen aus irgendwelchen Gründen nicht angepasst werden kann. Um eine Futteroptimierung anzustreben, wenden Sie sich bitte an einen dafür ausgebildeten und qualifizierten Fachtherapeuten.

Fazit: Der Zucker soll immer mehr aus den Läden verbannt werden, so schreiben die Medien. Wir wissen jetzt aber, dass in jedem Nahrungsmittel Kohlenhydrate, sprich Zucker, enthalten sind, die der Organismus für die Leistung benötigt.

Wichtig zu unterscheiden ist, welcher Zucker gegessen werden sollte, um Krankheiten vorzubeugen und gesund zu bleiben. Obwohl der raffinierte, weisse Zucker viel schmackhafter ist, sollten wir uns und unsere Pferde mehrheitlich von Polysacchariden aus verschiedenen Quellen in angepasster Menge ernähren und keine der Zuckerarten verteufeln.

Und hier geht es zu Teil 2 (Proteine) der Artikel-Serie

Erkenntnis

Fotos: Pixabay

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