Der letzte Gang | 4my.horse

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Der letzte Gang

"Ich habe Angst"

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Dein Pferd braucht Dich bei seinem letzten Gang

Autorin: Tierpsychologin Steffi Kilcher, Tier-Traum

Mein Körper zittert, eine Schweissperle rinnt über meine Stirn, der Raum ist erfüllt vom Geruch des Todes. Ein Mann hantiert irgendwas und dies macht Geräusche, die ich nicht kenne. Ich habe Angst, Todesangst.

Wo sind meine Freunde...wo ist mein Mensch?

Der Mann kommt auf mich zu und ich mache hastig einige Schritte rückwärts. Doch schon stosse ich gegen die Wand. Es gibt kein Entkommen... er kommt immer näher, berührt meinen Kopf - und alles wird schwarz.

Irgendwann trennen sich unsere Wege

Alleine und verängstigt

So geht es vielen Pferden, die zum Schlachter kommen. Sie sind alleine und verängstigt.

Stell Dir vor, Du wirst sterbenskrank ins Krankenhaus gebracht. Alleine, weil Deine Liebsten den Anblick des Todes nicht ertragen. Ist diese Vorstellung nicht beängstigend? Ganz alleine zu sein in den letzten Stunden? Sich nicht verabschieden zu können?

Ich empfinde bei der Vorstellung grosse Einsamkeit und Trauer.

Unsere Pflicht

Was genau sind wir unserem Pferd schuldig? Ist es krank, alt, gebrechlich geworden und kann nicht mehr geritten werden, so müssen wir uns damit befassen, es gehen zu lassen.

Diese Thematik haben wir jahrelang vor uns hin geschoben, bis diese Entscheidung unausweichlich erscheint. Den Tierarzt zu rufen und alles zu tun damit es unserem Vierbeiner wieder besser geht, fällt uns da viel leichter.

Den letzten Schritt gehen wir gemeinsam

Sterben hat keinen Platz in unserem Denken und fühlen. Obwohl es eigentlich genauso zum Leben gehört. Es liegt wahrscheinlich an unserer Gesellschaft, dass der Tod so sehr verdrängt wird. Doch was genau sind wir unserem Pferd in seinen letzten Stunden schuldig? Müssen wir dabei sein oder können wir mit gutem Gewissen jemand anderes schicken?

Ich persönlich finde, jedes Tier hat es verdient, dass sein menschlicher Freund bei seinem letzten Gang mit dabei ist.

Auch wenn es uns Angst macht.

Auch wenn sich diese Bilder für immer ins Gedächtnis brennen.

Mein geliebtes Tier braucht mich an seiner Seite. Meine Nähe beruhigt.

Alles andere finde ich nicht fair.

Bestimmt hat es Angst und spürt dass dies sein letzter Gang sein wird. Ein Tierarzt hat mir von Tieren erzählt, die er in Abwesenheit der Besitzer einschläfern musste. Diese Tiere haben sich umgesehen und offensichtlich ihren Besitzer gesucht. Sie wirkten verzweifelt.

Noch bin ich Dir ganz nah

 

Was bleibt

Irgendwann nach dem Tod werden die schwierigen Bilder verblassen und zurück bleiben die schönen Erinnerungen an die guten Zeiten, die man gemeinsam mit dem Pferd verbracht hat.

Irgendwann kehrt ein Lächeln zurück, wenn man an sein verstorbenes Pferd denkt.

Irgendwann streicht man über die Schabracke, die man bis heute nicht gewaschen hat und freut sich an den Haaren, die noch darin stecken geblieben sind.

Gefühle sind wichtig.

Gefühle der Trauer machen uns menschlich.

Trauer ist ein wichtiger Prozess, der Zeit braucht. Nehmen wir uns auch dafür Zeit, unserem Pferd zu liebe.

Irgendwann bleibt nur noch die Erinnerung

Fotos: Pixabay

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